Samstag, 14. Dezember 2019

Rᥱzᥱᥒsιoᥒ zᥙ 'Thᥱ hιghᥱr ყoᥙ fᥣყ' voᥒ Mᥲrιᥒᥲ Pᥲᥙᥒovιᥴ

Hier kommt ein sehr tiergehender Roman über Depressionen und wie ein Depressiver die Welt und sich selber sieht. Hier der Klappentext

Der zwanzigjährige manisch-depressive Jannik träumt von einer großen Musikkarriere, doch seine unkontrollierbaren Gefühle machen ihm häufig das Leben schwer.Himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt – dazwischen gibt es für den jungen Musiker kaum etwas. Für die siebzehnjährige Emilia gibt es keine Probleme, sondern lediglich Herausforderungen. Sie ist verliebt in das Leben, nimmt kein Blatt vor den Mund und kann in jeder Situation stets etwas Positives sehen. Als die beiden sich begegnen, prallen zwei Welten aufeinander. Emilia stellt mit ihrer Lebensfreude Janniks dunkle Seite in den Schatten und Jannik hat zum ersten mal seit langem das Gefühl, wieder 'normal' zu sein. Doch bald müssen beide erkennen, dass sich die Dunkelheit nicht so einfach verdrängen lässt.


Meine Meinung : 

Ich muss erstmal verdauen, was ich gerade gelesen habe..
Ich bin so unglaublich berührt und ergriffen von diesem Roman, dass ich immer noch einen Kloß im Hals habe.. 

Wie unglaublich die Autorin Jannik's Gefühls-und Gedankenwelt wiedergegeben hat, kann ich immer noch nicht so richtig begreifen. Wir alle kennen es sicher, Stimmungsschwankungen aus welchen Gründen auch immer zu haben - aber, diese extremem Höhen und Tiefen, das man aufwacht und quasi ein komplett andere Mensch ist - diese Szenen haben mich so sehr berührt, auch bedrückt und mich wirklich nachdenklich gestimmt.. Ich bin von Beruf Krankenschwester und habe auch auf einer psychiatrischen Station gearbeitet und mich persönlich sehr intensiv mit dem Thema Depression, Bipolare Störungen und Borderline sowie Burnout beschäftigt. Ich bin der Meinung, dass 'The higher you fly' wirklich sehr sensibel und ehrlich an diese Thematik rangegangen ist und dass die Autorin mit erschreckend unverblümten Worten diese Krankheit beschrieben hat. Meiner Meinung nach kann man dieses Buch nicht zwischendurch oder nebenbei lesen - ich persönlich, konnte beispielsweise das Buch nicht tagsüber lesen - zu viele Eindrücke und Reize vom Tag - ich muss das Buch abends lesen, dann zwar die halbe Nacht aber ich brauchte meine Ruhe. Keine Geräusche, keine Störungen - nur ich, das Buch und meine eignen Gedanken dazu. Ich habe schon lange nicht mehr so ein Buch gelesen, was mich tagelang nachdenklich gemacht hat. 

Jannik's Sicht auf die Welt und auf sich selber, fand ich erschreckend. Ich fand beide Seiten von ihm wirklich ... - mir fehlt gerade das richtige Wort - auf der einen Seite habe ich die kleinen Momente in denen er sich hat gehen lassen und einfach glücklich war so geliebt und mein Herz ist aufgegangen aber auf der anderen Seite, als es ihm wieder schlechter ging - hat es mir so unglaublich weh getan und mein Herz schwerer werden lassen. Ein junge Mensch geplagt von solchen düsteren Gedanken und Gefühlen, haben mich einfach selber sehr bedrückt. Es ist nicht nur die Tatsache, dass er in seinen depressiven Phasen an sich und seinen Gefühlen zweifelt, sondern auch an den seiner Mitmenschen.

Mehrfach habe ich das Buch gelegt um klare Gedanken fassen zu können. Dennoch oder gerade WEIL das Buch so eine unglaublich auf jeden Menschen anders bezogene Weise betrifft, habe ich es so geliebt wie schon länger kein Buch. Jannik's ewiger Kampf gegen sich selber und gegen sein Gespenst, haben mich wirklich so sehr mitgerissen. Sein Gedankenstrudel in verschiedenen Situationen kam wirklich überragend hervor, ich habe seine Verzweiflung deutlich spüren können. Mich hat erschreckt, wie sich Jannik verhält wenn er eine seiner manischen Phasen durchlebt - was er Emilia und seinem besten Freund angetan hat. Es ist erschreckend, dass er in diesen Phasen nicht mehr wirklich Herr seiner Lage ist und sich im nächsten an nichts mehr erinnern kann. Das eine kleine Veränderung, ein Wort oder ein Blick reicht um Jannik's Gespenst zu wecken, hat mich sehr bedrückt.

Ich fand die Beziehung zwischen Jannik und Emilia sehr schön beschrieben. Emilia, die durch ihre Art, meiner Meinung nach auch nicht ganz gesund lebte - da Verdrängung von negativen Ereignissen oder Problemen keine Lösung für diese sein können - jedoch Jannik zeitweise Stabilität geben kann, hat mich wirklich beeindruckt. Sie hat ihm Stärke gegeben, er ihr aber Schwäche. Sie haben sich beide gegenseitig beeinflusst und vielleicht nicht immer gut getan. Dennoch denke ich, dass sie beide ohne einander nicht besser dran wären als miteinander. Sie haben sich so viel Stärke und Halt gegeben, wie sie für einander aufbringen konnten. 

Für mich ist Emilia, trotz ihrer Verdrängungstaktik eine sehr starke Protagonistin. Sie versucht aus allem etwas positives herauszuholen und glaubt immer an das gute in Menschen. Sie kämpft und kämpft und wurde dennoch mehrfach von Jannik enttäuscht um so beeindruckter war ich als sie sich jeden Tag neu entscheiden wollte - für oder gegen Jannik. Fand ich sehr beeindruckend. 

Generell hat mir die ganze Cliquenkonstelation sehr gut gefallen, die Charakter sind sehr gut beschrieben worden und jeder wurde dem Leser Ewas näher gebracht  und ihre Freundschaft hat sie im Endeffekt alles zusammen überstehen lassen. Sie kannten sich alle sehr gut und haben sich unterstützt. Besonders ans Herz ging mir die Freundschaft zwischen Jannik und Nick - obwohl Jannik seinem besten Freund wirklich schlimme Dinge angetan hat, die mir als Leer selber sehr weh getan haben, stand er immer zu ihm und ist nie von seiner Seite gewichen.

Das Ende ist offen und lässt Raum zur Eigeninterpretation. Ich habe ein oder zwei Fragen, die unbeantwortet bleiben und gerne würde ich noch mehr von den Charakteren erfahren aber im abschließend kann ich sagen, dass mich diese Geschichte umgehauen hat und ich selten so einen unglaublich gefühlvollen, berührenden und zugleich bedrückenden Roman gelesen hab. Ich konnte kaum aufhören zu weinen.

Meine Lieblingsstellen/Lieblingszitate : 


'Mein inneres Gespenst ist ein Sadist. Es wohnt in mir. Kontrolliert mich. Foltert mich. Spielt mit meinen Emotionen, als wären sie lebendig. Und ich kann nichts dagegen tun. Bin ihm ausgeliefert. Machtlos. '

'Manchmal überwältigt es mich. Und dann wünsche ich mir, ich würde weniger fühlen. Denn mein inneres Gespenst kann grausam sein. Es sorgt dafür, dass ich mich wertlos fühle. Traurig. Hoffnungslos. Als würde plötzlich nichts mehr einen Sinn ergeben.'

'Je höher man fliegt, desto tiefer kann man fallen.'

'Sie hat versprochen, mir zu verzeihen. Sie hat versprochen, mich nicht mit meinem Gespenst zu verwechseln. Mich nicht für seine Handlungen zu verurteilen. Doch genau das tut sie jetzt.'

'Die Schwärze kriecht in jede Zelle meines Körpers. Dieses dunkle Loch, das sich immer wieder plötzlich auftut und mich verschlucken will. Meine Gedanken rasen. Ich kann das nicht zulassen. Nicht jetzt. Nicht hier. Reiß dich zusammen. Einatmen, ausatmen.'

'Bei uns gibt es keine Beständigkeit. Bei uns gibt es nur extreme Höhen und extreme Tiefen. Keine Mitte, keine Balance. Alles, oder nichts. Liebe, oder Hass.'

'„Ich werde ihn nie wirklich kennen. Ich werde nie wissen, wer neben mir liegt, wenn ich morgens aufwache. Ob es die Person ist, die mich hasst oder die Person, die ohne mich nicht leben kann.“'

'„Wenn ich aufwache werde ich mich immer fragen, welche Stimmung er heute hat, ob er mir vertraut, oder nicht, in welcher Realität er heute gefangen ist. Und es wird sich immer so anfühlen, als wäre ich mit zwei verschieden Personen zusammen.“'

'„Die Welt ist zwar schwarz und weiß, aber man muss sich nicht nur für eine Farbe entscheiden“, sprach er weiter und sah mir dabei fest in die Augen. „Wir identifizieren uns so sehr mit unseren Gefühlen, dass wir zu ihnen werden. Aber ich bin nicht traurig und ich bin auch nicht glücklich. Ich fühle es nur, das ist ein Unterschied, verstehst du? Und darf ich nicht beides sein? Muss ich mich für eines entscheiden? Ist ein Mensch ein trauriger Mensch, nur weil er sich gerade traurig fühlt? Hat er nicht die Erlaubnis, diesen Zustand jederzeit zu ändern, wenn er möchte? Und darf ein Mensch, den andere als glücklich bezeichnen würden nicht auch mal richtig traurig sein? Ist er denn gleich verrückt, nur weil er intensiver fühlt, als der Durchschnitt? Ist unsere Gesellschaft mittlerweile so gefühllos, das Emotionen ein Indikator für Wahnsinn geworden sind?“'

'Diese Linien hatten so viel zu sagen. Sie schrien den Menschen Dinge ins Gesicht, die ich nicht über die Lippen brachte. Aber Emilia hörte diese Schreie nicht. Sie verleugnete sie.'

'Ich habe immer Angst zu fallen. Immer. Denn wenn ich falle, dann falle ich tief. Von so weit oben ist der Sturz zerschmetternd. Und wenn ich am Boden aufschlage bleibe ich regungslos liegen, kann mich nicht mehr bewegen und alles was ich fühle ist endlose Leere.'

'Dass die Tabletten in der Dose in Wirklichkeit nur aus Zucker waren, fiel nie jemanden auf. Solange ich brav etwas hinunterschluckte, wurde keiner misstrauisch. Und auch wenn gerade niemand in der Nähe war, für den ich FakeMedikamente nehmen musste, tat ich es trotzdem, einfach aus Gewohnheit.'

'Man braucht keinen Grund, um depressiv zu sein. Man kann die schönste Frau der Welt an seiner Seite haben, ein Bankkonto, das überquillt, eine Traumvilla und ein Auto, auf das die Nachbarn jeden Tag neidische Blicke werfen, wenn sie es in der Einfahrt sehen. Man kann all das haben, wovon andere nur träumen und trotzdem depressiv sein. Und man sucht nach dem Grund für diese Traurigkeit, aber man findet ihn nicht. Und je mehr man ihn sucht, desto depressiver wird man. Weil man kein Recht dazu hat, sich so zu fühlen. Weil man undankbar ist und egoistisch. Und irgendwann sucht man einfach nur noch nach einem Grund, um am Leben zu bleiben. '

'Was wäre, wenn wir uns gegenseitig wieder ganz machen könnten? Vielleicht passten meine verlorengegangenen Puzzleteile in Janniks Puzzle. Und Janniks verlorengegangene Puzzleteile in meines. Vielleicht konnten wir uns gegenseitig vervollständigen.'


'Ich möchte gerne, dass wir uns beide jeden Tag unabhängig voneinander fragen, ob wir uns für den anderen entscheiden, oder gegen ihn. Gehen oder bleiben. Jeden Morgen entscheiden wir uns für die nächsten vierundzwanzig Stunden und stehen vollkommen hinter dieser Entscheidung.'
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